Seit etwa 20 Jahren befasst sich die Universität Trient mit dem Studium der Seen im Trentino und in aller Welt, mit dem Ziel, zu erkennen und zu erläutern, wie der Klimawechsel, die Winde und die thermische Schichtung die Qualität des Wassers und die Entwicklung der Ökosysteme verändern. Das Studium wird vor allem mit der Limnologie-Gruppe des Fachbereichs für Zivil-, Umwelt- und Maschinenbau-Engineering DICAM (Dipartimento di Ingegneria civile, ambientale e meccanica) durchgeführt, die speziell die hydrodynamische Komponente der Seen untersucht und in Zusammenarbeit mit Universitäten in aller Welt arbeitet (darunter Schweiz, Niederlande, Deutschland, Vereinigte Staaten, Norwegen und Finnland).
Die von den Trientiner Forschern gesammelten Daten und die von ihnen entwickelten dreidimensionalen Modelle liefern den Biologen, Ökologen und Klimaforschern wichtige Informationen und sind den öffentlichen Einrichtungen, in erster Linie der Autonomen Provinz Trient bei der Bestimmung der Maßnahmen zum Schutz und zur Verwaltung der Seen hilfreich.
Klimawechsel und Durchmischung in den Seen
Seen sind Gewässer, die für den Wasserwechsel eine sehr lange Zeit beanspruchen können. Die Wassererneuerung eines Sees erfolgt nicht nur durch das Ein- und Ausströmen eventueller Zu- und Abflüsse, sondern auch durch die Durchmischung, die sich einmal pro Jahr ereignen kann (im Falle von monomiktischen Seen) bzw. zweimal im Jahr (dimiktische Seen), oder in unregelmäßigen Zeitabständen (oligomiktische Seen). Die Durchmischung ereignet sich, wenn die Temperatur des an der Oberfläche befindlichen Wassers die gleiche Temperatur erreicht bzw. kälter und dichter wird als das Wasser auf dem Boden (z.B. zwischen Herbstende und den ersten Frühlingstagen), wodurch das Wasser nach unten sinkt.
Eine korrekte Durchmischung ist ausschlaggebend, da sie den richtigen Sauerstoff- und Nährstoffaustausch zwischen den verschiedenen Seeschichten sichert. Normalerweise neigt der Sauerstoff ja dazu, hauptsächlich im oberen Bereich zu bleiben, während sich auf dem Boden organische Stoffe, durch das Absterben und die Zersetzung von Wasserpflanzen entstehende Nährstoffe, Algen und Mikroorganismen absetzten. Bei der Durchmischung des Sees wird der tief liegende Teil mit wenig Sauerstoff und vielen Nährstoffen an die Oberfläche gebracht und dadurch werden die Ökosysteme wieder ausgeglichen.
Es ist wichtig, dass diese Hergänge studiert werden können, da sich das Klima erheblich auf den Durchmischungsprozess auswirkt. Sehen wir uns zum Beispiel einen monomiktischen See an. Aufgrund der globalen Erwärmung kann es sich ereignen, dass die Temperatur des Wassers an der Oberfläche im Winter nicht unter die Wassertemperatur in der Tiefe sinkt und der See demzufolge seinen Durchmischungsprozess nicht komplettieren kann. Wenn die Durchmischung viele Jahre lang nicht erfolgt, wird in der Tiefe der ganze Sauerstoff aufgebraucht und eine zu große Nährstoffmenge angesammelt. Wenn der See dann endlich wieder durchmischen kann, steigt das aufgrund des zu langen Verweilens auf dem Boden „verbrauchte“ Wasser nach oben und gefährdet das gesamte Ökosystem (z.B. stirbt der Fischbestand durch das Fehlen von Sauerstoff, oder unübliche Algenblüten treten auf).
Das Studium des Gardasees
Der Gardasee ist einer der interessantesten Studienfälle der Limnologie-Gruppe der Universität Trient, die dank der stattlichen Datenmenge, die von ihren Forschern und von den Kollegen anderer Forschungszentren und territorialen Agenturen gesammelt wurden, ein dreidimensionales hydrodynamisches Modell erstellt hat. Mit diesem Modell konnte untersucht werden, wie das Wasser mit der Luft und dem Wind interagiert, wie sich die Strömungen bilden und wie der See auf den Klimawechsel reagiert.
Modelle sind grundwichtig, wenn man die Mechanismen verstehen will, die die Dynamiken der Seen regeln, denn:
- Messungen vor Ort bieten noch keine Möglichkeit, die Dreidimensionalität zu erzielen;
- Mit Modellen können mühelos die unterschiedlichsten Effekte und Szenarien simuliert werden (z.B. eine fehlende Erdrotation oder die Auswirkung der globalen Erwärmung auf die Durchmischung der Seen);
- Dank der Simulation lassen sich einige Phänomene und Mechanismen erklären, die den Benutzern des Sees vielleicht bekannt sind, ohne die Gründe dafür zu kennen.
Feldarbeit und Zusammenarbeit mit der Universität Utrecht
Die Universität Trient leistet nicht nur die Modellierung, sondern auch eine wichtige experimentelle Arbeit vor Ort, mit der man vereinzelt auf die untersuchten Phänomene eingehen kann, besonders die turbulente Durchmischung und die Schichtung der Seen.
Zur Erfassung der Daten vor Ort nutzt die Limnologie-Gruppe auch internationale Kooperationen, wie die vor fünf Jahren begonnenen Zusammenarbeit mit der Universität Utrecht. Die Trientiner Forscher verwenden, zusammen mit den niederländischen Kollegen, einen Mikroprofiler für Turbolenzen, der das Beobachten der Turbolenz und der Hauptvariablen der Qualität in den ersten 100 Meter Wassersäule mit Millimeterauflösung erlaubt. Dieses Gerät wurde auch im Gardasee verwendet und hat zusätzlich zu den anderen Ergebnissen die Beobachtung der Sekundärzirkulation ermöglicht, die sich dank der Erdrotation bei andauernden und sehr starken, aus einer Richtung wehenden Winden entwickelt und einen guten Maßstab für die Validierung der Modellergebnisse bietet.
Weitere mit dem Mikroprofiler im Gardasee untersuchte Phänomene:
- Das Brechen interner Wellen auf den Wänden eines unterseeischen Kanyons an der venetischen Seite
- Die Intrusionsdynamiken einer trüben Strömung kurz vor der periodischen Öffnung des Etsch-Gardasee-Tunnels